Sahabageschichten - Musab bin Umayr

ibn azem

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Man sieht sie in Gruppen, wie sie willkürlich durch die Einkaufspassagen schlendern. Es sind junge Muslime, die ziellos in Internetshops sitzen und unbedacht Sachen einkaufen, in der Hoffnung, die Langeweile, wenn auch nur für einen kurzen Moment, vertreiben zu können. Man sieht sie in Cafés, wie sie die vorbeigehenden Leute beobachten, Witze reißen und laut lachen. Doch ihre Augen sind leer und man bemerkt die Sinnlosigkeit in all dem, was sie machen.


Jedes Mal, wenn ich diese allzu vertraute Szene sehe, merke ich, dass ich über jemanden nachdenke. Jemanden, der beerdigt unter der blutgetränkten Erde von Uhud liegt. Seine Füße wurden mit duftendem Kraut bedeckt und sein Körper mit einem quadratischen Wolltuch umhüllt, das nicht einmal ausreichte, um ihn vollständig zu bedecken. Jemand, der ein verwöhnter Sohn einer liebenden Mutter war und nur die beste Kleidung zu tragen pflegte. Überall war von ihm die Rede, vor allem unter den Müttern und jungen Mädchen Mekkas. Doch er war jener, der alles aufgab, um Allahs Wohlgefallen zu erlangen.

Es war Mus’ab bin ‘Umair bin Hashim bin Abd Manaf, der auch bekannt war als Mus’ab Al-Khayr.

Mus’ab war erst ein jugendlicher, als er vom Propheten(s) hörte, der nun begonnen hatte, den Monotheismus in
Mekka offen zu verkünden. Da Mekka zu jener Zeit hauptsächlich über Muhammad(s) zu sprechen pflegte, wurde Mus’ab sehr neugierig und beschloss daraufhin den Propheten(s) aufzusuchen, um selber die Wahrheit seiner Botschaft zu ermitteln.

Eines Nachts machte sich Mus’ab, anstatt seinen Freunden bei dem üblichen Gelage beizuwohnen, auf den Weg zum Hause Al-Arqams. Hier traf sich der Prophet(s) mit der wachsenden Anzahl der Muslime, um dort mit den Gefährten über weitere Pläne zu sprechen und die offenbarten Suren den neuen Muslimen vorzutragen.
In dieser Nacht saß Mus’ab in dieser Versammlung der Gläubigen und hörte den Propheten (s) die Verse aus dem Quran rezitieren. Er vergaß alles um sich herum, sein Leben in Luxus und die Trägheit, in der er Jahre hinweg gefangen zu sein schien. All dies überkam ihn und er sah den Schlüssel zur ewigen Glückseligkeit vor sich liegen. Ja, es war der Islam.

Doch sollte sein Weg zum Glauben nicht frei von Schwierigkeiten sein. Seine Mutter, Khunnas bint Malik war eine sehr starrköpfige Frau, die aufgrund ihres Temperaments und ihrer scharfen Zunge unter den Leuten keinen guten Ruf genoss. Um eine Konfrontation mit seiner Mutter zu vermeiden, sah er es anfangs nicht vor, gleich mit ihr über seinen neuen Glauben zu sprechen. Man sah ihn jedoch, wie er immer wieder Dar ul-Arqam aufsuchte und die Leute bemerkten schnell, dass er unter dem Einfluss des Propheten(s) stand, weshalb es auch nicht lange dauerte, bis seine Mutter von alledem erfuhr.
 

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Teil 2



Sie reagierte entsetzt und wies ihn auf den Stolz ihrer Herkunft hin und auf den alten Bund, den ihr Stamm mit den Göttern hatte. Vehement wies sie alles von sich und befahl Mus’ab zu den Göttern zurückzukehren. Mus’ab jedoch lies sich nicht einschüchtern und verneinte die Worte seiner Mutter, indem er nicht dazu bereit war, eine Reue abzulegen. Daraufhin fesselte sie ihn und hielt ihn in einer Ecke des Hauses gefangen.

Bald darauf erfuhr man, dass ein Teil der Muslime vorhatte, nach Abessinien auszuwandern; auch Mus’ab, der zu jener Zeit noch in seinem Kerker saß. Er sehnte sich danach, sich seinen Geschwistern anzuschließen, was ihm kurze Zeit später auch gelang, in dem er es schaffte seine Mutter und seinen Wächter zu täuschen.
Einige Jahre später kehrte er wieder nach
Mekka zurück und wanderte kurze Zeit später ein zweites Mal aus. Diesmal nach Yathrib, da es der Prophet(s) als neues Zentrum für die Muslime erwählt hatte. Doch war auch dies mit großen Mühen verbunden, da seine Mutter erneute Pläne schmiedete, wie sie ihren Sohn nach der Ankunft in Mekka gefangen nehmen könne. Doch Mus’ab ließ sich nicht einschüchtern und so schwor er, dass er jeden umbringen würde, der ihr bei ihrem Plan ihn gefangen zu nehmen hilft. Seine Mutter war sich über die Ernsthaftigkeit seines Entschlusses im Klaren und verabschiedete sich endgültig von ihm, indem sie bitter weinend Folgendes sagte: „Geh weg, ich bin nicht länger deine Mutter.“

Als sie dies sagte, ging Mus’ab lieberfüllt zu ihr hin und sagte: „Oh Mutter, ich rate dir, bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Allah und dass Muhammad seine Diener und Gesandter ist.“ Wütend schwor sie: „Bei den Sternen, ich werde niemals deiner Religion beitreten und weder meinen Status erniedrigen, noch meine Sinne schwächen!“ Mus’ab jedoch trat dem Islam bei, so wie es auch im Quran heißt: „tritt dem Islam vollständig bei.“ Er versagte sich jeden Anschein von Zufriedenheit, um Allahs Wohlgefallen zu erlangen. Seine Kleidung war zerfetzt, seine Essen einfach und die nackte Erde war sein Bett.

Eines Tages ging er hinaus, um einige Muslime zu treffen und er fand sie, als sie um den Propheten(s) saßen. Sie senkten ihre Blicke, als sie ihn sahen und vergossen still Tränen, da sie an den verwöhnten Jungen dachten, der nun abgetragene Kleidung trug, die von Dornen festgehalten wurde und ihn nicht einmal völlig zu bedecken vermochte. Nachdem sich Mus’ab von der Versammlung verabschiedet hatte, sagte der Prophet(s): „Ich sah Mus’ab und es gab keinen Jungen in Mekka, der mehr von seinen Eltern verwöhnt worden war. Dann verließ er all dies für die Liebe zu Allah und Seinen Gesandten.“

Als der Prophet(s) Mus’abs edle Manieren und Geduld bemerkte, beorderte er ihn, die Leute von Yathrib, die den Propheten(s) bei Aqaba den Treueschwur geleistet hatten, anzuweisen, andere zum Islam zu rufen, um so auch die Bewohner auf das baldige kommen des Propheten(s) vorzubereiten. Er(s) ernannte Mus’ab somit zu seinem Repräsentanten und er bewies viele Male, wenn es um Geduld und Weisheit ging, dass sich der Prophet(s) in seiner Wahl nicht vertan hatte.

So kam Mus’ab als Gast von Sa’d ibn Zurara aus dem Stamme Chazradsch nach Yathrib. Zusammen versuchten sie sich den Bewohnern zu nähern, in dem sie die Botschaft des Monotheismus mit sich trugen. Eines Tages saßen Mus’ab und Sa’d nahe einer Mauer in einem Obstgarten der Bani Zafir, als sich ihnen Usayd ibn Chudayr näherte. Dieser trug wuterfüllt einen Speer mit sich und lief auf die beiden zu. Darauf flüsterte Sa’d zu Mus’ab: „Dies ist der Anführer seiner Leute. Möge Allah die Wahrheit in sein Herz setzen. „Mus’ab antwortet ruhig: „Wenn er sich hinsetzt, werde ich mit ihm sprechen.“
 

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Teil 3





Usayd war zornig über den Erfolg von Mus’abs Auftrag und er rief ärgerlich: „Warum seid ihr beide zu uns gekommen? Um die Schwachen unter uns zu bestechen? Haltet euch von uns fern, wenn ihr am Leben bleiben wollt!“
Mus’ab lächelte uns sagte sanft: „Möchtet ihr euch nicht setzen und zuhören? Wenn euch unser Vortrag gefällt, akzeptiert ihn und wenn er euch nicht gefällt, hören wir auf zu erzählen, was ihr nicht mögt und verlassen euch.“
Nach dem er seinen Speer in den Boden gerammt hatte, setzte sich Usayd, um ihnen zuzuhören. Als Mus’ab begann über den Islam zu erzählen und Teile des Qur’ans zu rezitieren, änderte sich Usayds Ausdruck. Die ersten Worte, die er nach all dem äußerte waren: „Wie wundervoll diese Worte sind und wie wahr! Was muss eine Person tun um dieser Religion beizutreten?“

Mus’ab erklärte: „Nimm ein Bad, reinige dich und deine Kleidung. Dann spreche die Bezeugung der Wahrheit(Shahada) aus und vollziehe die Gebete.“
Usayd bezeugte daraufhin, dass es keinen Gott außer Allah gibt und dass Muhammad(s) sein Gesandter ist und betete zwei Rak’a des Gebetes. Auch ihm folgte ein anderer, einflussreicher Mann. Es war Sa’d ibn Mu’adh.
In einem sehr bekannten Vorfall von Badr fingen die Muslime einige Mekkaner und dachten daran, Lösegeld für sie zu verlangen. Mus’ab ging an den Reihen der Gefangenen vorbei und stoppte, als er unter ihnen sein Bruder Abu Aziz ibn Umayr sah. Jedoch sprach er nicht für ihn, sondern wies seinen Bewacher zusätzlich daraufhin, seinen Bruder sicher zu fesseln, um ein hohes Geld von dessen sehr reichen Mutter verlangen zu können. Als der Bruder versuchte Mus’ab an ihre Verwandtschaft zu erinnern, antwortete er: „Ich erkenne nur die Bruderschaft des Glaubens an. Dieser Mann ist mein Bruder, nicht du!“
Bei Uhud wählte der Prophet(s) Mus’ab aus, die Fahne der Muslime zu tragen. In einem kritischen Augenblick der Schlacht erreichte Mus’abs ruhmreiches Leben seinen Höhepunkt:

Ibrahim ibn Muhammad überliefert von seinem Vater, der sagte: „Mus’ab bin Umayr nahm die Fahne am Tag von Uhud. Als die Muslime sich zerstreuten, stand er fest, bis er auf ibn Qami’a traf, der ein erfahrener Krieger war. Dieser schlug ihm seinen rechten Arm ab, aber Mus’ab sagte: „Und Muhammad ist nur ein Gesandter. Gesandte vor ihm gingen vorüber.“ Er nahm die Fahne mit seiner linken Hand und stützte sich darauf, als ihm auch seine linke Hand abgeschlagen wurde. Daraufhin lehnte er sich auf die Fahnenstange und hielt sich mit seinen Oberarmen und seiner Brust fest, indem er die ganze zeit nur die Gleichen Worte wiederholte: „Und Muhammad ist nur ein Gesandter. Gesandte vor ihm gingen vorüber.“ Dann stach ein dritter Soldat Mus’ab mit seinem Speer nieder und der Speer ging durch ihn hindurch.

Nach der Schlacht kamen der Prophet(s) und seine Gefährten zum Schlachtfeld von Uhud, um die Märtyrer zu begraben und sie fanden einige verstümmelte Körper vor, die von den Frauen der Quraisch entstellt waren. Der Prophet(s) war still, doch als er(s) Mus’ab sah, rezitierte er folgende Ayat: „Unter den Gläubigen gibt es Männer, die wahrhaftig waren in ihrem versprechen für Allah.“
Dann sah er(s) auf die Überreste seiner Gefährten auf dem Schlachtfeld und sagte: „Der Prophet Allahs bezeugt, dass ihr am Tag der Auferstehung bei Allah Märtyrer seid.“

Es gab nicht genug Material, das als Tuch für Mus’abs Leiche hätte verwendet werden können. Khabab ibn Al-Arat erzählte: „Wir wanderten mit dem Propheten um Allahs Willen aus. Einige von uns starben ohne die Belohnung im diesseitigen Leben gekostet zu haben und unter ihnen war Mus’ab bin Umayr, der Märtyrer am Tage von Uhud.
Er hinterließ nichts außer einem Tuch aus zerrissener Wolle. Wenn wir seine Füße damit bedeckten, war der Kopf unbedeckt und wenn wir seinen Kopf damit bedeckten, waren seine Füße unbedeckt. Der Prophet(s) sagte daraufhin zu uns: „bedeckt seinen Kopf damit und legt Idchir (duftendes Kraut) über seine Füße.“

Es war die Erinnerung an Mus’ab in seinem Grab, die Gefährten wie Abdur-Rahman Ibn Auf veranlasste vor Furcht zu weinen, da sie Angst hatten keinen Anteil am Jenseits zu haben, aufgrund ihres Lebens im Überfluss. Einmal brachte ihm ein Sklave Essen, um sein Fasten zu brechen und Abdur-Rahman Ibn Auf brach in Tränen aus, als er sich an Mus’ab erinnerte, der starb, ohne die Genüsse dieser Welt gekostet zu haben.
Im Neonlicht der Einkaufsmeilen, wo zahlreiche junge Muslime nach Genuss streben, würde es uns gut tun, die Erinnerung an Mus’ab bin ‘Umayr (r) im Kopf zu bewahren. Es könnte uns davor bewahren, uns in der Nacht zu verlieren.

Quelle: Umm Rashid
DIIZ
 
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